Samstag, 30. Juni 2012

Wasser

Ja, Wasser ist hier ein deutlich zentraleres Thema geworden als in Deutschland.

Unser Haus liegt verhältnismäßig nah am Fluss Rio Grande (ca. 1-2 Meilen entfernt) und deshalb haben wir überhaupt erst das Privileg, große Bäume zu haben, da die bis zum Grundwasser reichen.
Der Fluss wurde genaugenommen erst vor einigen Jahrzehnten in seinen jetzigen Verlauf gelenkt, vorher lag der Flusslauf auf der anderen Seite unseres Hauses ca. genausoweit entfernt, und so haben wir, zumindest was die natürliche Versorgung mit Wasser betrifft, die optimale Lage.

(Na gut, ein bisschen besser könnte es sein: es gibt Kanäle, die senkrecht vom Rio Grande abgehen, und die Gärten neben den Kanälen haben wirklich den Jackpot - sie müssen einmal wöchentlich die Schleusen öffnen und ihre Gärten fluten, in denen es dementsprechend auch aussieht wie im Dschungel.)

Aber das Grundwasser und der spärliche Regen schaffen nicht eben optimale Bedingungen für Gras und junge Bäume.

Als wir das Haus das erste Mal besichtigten, wurde uns gesagt, dass wir den Rasen einmal wöchentlich für 15 Minuten sprengen sollten.
Gesagt, getan.
Wir konnten quasi zusehen, wie das Gras von Tag zu Tag brauner wurde. Auch unbeholfene Änderungen unsererseits am Wässerungsplan trugen nicht dazu bei, den Rasen am Leben zu halten.

Eines schönen Sonntages klopfte es an unsere Tür und draußen stand Kari, die in unserem Haus aufgewachsen war und in der Nähe wohnt. Ihr Bruder hatte es geerbt und sie somit eigentlich damit nichts mehr zu tun, aber sie wollte gerne vorbeikommen und uns Anweisungen geben, wie der Garten gewässert werden sollte - aha.

Fast ein Stunde lang führte sie uns durch den Garten und erklärte bei jedem Baum, wie oft und wie lange und mit welchem Schlauch - das einzige, was wirklich in unseren Köpfen hängen blieb, war die Information, dass wir viel zu wenig gegossen hatten.
Wir drehten also noch häufiger und länger das Wasser auf und fühlten uns schon als reichlich schlechte Umweltschützer.

Zwei Wochen später kamen wir nach Hause und unsere Einfahrt stand zentimetertief unter Wasser. Ein paar Minuten später tauchte Kari auf und erklärte, sie wäre vorbeigekommen und hätte für eine Weile (nach der Menge zu urteilen, 2-3 Stunden) das Wasser aufgedreht, um einen Baum zu wässern, der ihr besonders am Herzen lag.
(Ironischer Weise hatten wir ihn erst tags zuvor ausgiebig gegossen.)

Das ging dann doch etwas zu weit - dass ehemaliger Bewohner hier vorbeikommen und in unserer Abwesenheit ihre Lieblingspflanzen mit unserem Wasser gießen.
Unser Vermieter, Paul, versprach, die Sache zu klären, und tatsächlich erhielten wir keine weiteren Besuche mehr von Kari, sondern nur noch eine lange E-Mail, in der minutiös die Wasseranweisungen aufgelistet waren - insgesamt sollten wir 16,5 Stunden pro Woche den Garten an verschiedenen Stellen sprengen.

Dass das zuviel des Guten ist und wir lieber mit einem verdorrten Rasen leben statt hier mitten in der Wüste bei 40°C und 10% Luftfeuchtigkeit pro Tag über 2 Stunden lang Trinkwasser zu verschwenden, war uns gleich klar.

So richtig eindrucksvoll war dann aber die erste Wasserrechnung...
Teuer war es nicht, im Gegenteil. Abzüglich der festen Gebühren wurden uns nur $30 in Rechnung gestellt. Immerhin hatten wir nur 65% der Wassermenge des Durchschnitthaushaltes verbraucht und ein Fünftel so viel wie das Haus im Juni vergangenen Jahres (damals war Kari der Sprengmeister).
Die Menge jedoch -
40 000 Liter haben wir in 30 Tagen verbraucht. Vier Mal so viel wie der Durchschnittsdeutsche, und das mitten in der Wüste.
Kari hatte es letztes Jahr, allein durch das Gartenwässern (das Haus war einige Zeit lang unbewohnt), auf unglaubliche 200 000 Liter im Monat gebracht.

Ab jetzt wird der Rasen soweit gesprengt, dass er nicht völlig abstirbt (sonst haben wir hier nächstes Jahr nur noch Sandwüste) und wir leben damit, dass es hier nicht rund ums Jahr grün ist.
Und mit einem deutlich besseren Umweltgewissen :-)


Liebe Grüße!

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