Mittwoch, 19. Dezember 2012

"Der kleine Paul wartet an Gate 18 auf Wilder Tiger..."

Kinder können verloren gehen auf Flughäfen. Besonders, wenn man irgendwie 7 Stunden Aufenthalt totschlagen muss. Daher üben wir mit Paul für den Notfall:

"Wie heißt du denn?"
-"Ich bin Paul."
"Wie heißt deine Mama?"
-"Mami!"
"Noch andere Namen?"
-"Mama?"
"Okay, wie heißt dein Papa?"
-"Wilder Tiger."
"Ach Paul...kannst du denn sagen, wo du herkommst?"
-"Ich komme aus Mamas Bauch."

Das sollten wohl genug Informationen sein, um ihn bei einer Durchsage zu erkennen: "Paul aus Mamas Bauch wartet am Gate auf Wilder Tiger."
Ziemlich unverwechselbar.

Sonntag, 16. Dezember 2012

Wie Max eigentlich zu uns kam

Da diese Woche nichts passiert ist außer einer Menge (noch geheimer) Weihnachtsbastelei, langen Abenden vor der Heizung und ausgiebiger Plätzchenproduktion, kommt hier also endlich mal die Geschichte von uns und Maxwell.


Heute mal ohne schöne Bilder - wehe, einer lacht! Hundefotografie ist echt schwer!
(Wer entdeckt das Kind?)

Als wir gerade in unser neues Haus eingezogen waren, zog in meinem Kopf auch jemand ein: eine nagende, ständig präsente Angst vor Einbrechern. Dass wir uns nicht wirklich in Gefahr befanden, war mir bewusst, aber nachdem ich bislang nur in Wohnungen (und dort in oberen Stockwerken) gewohnt hatte, erschien es dem nicht-objektiven Teil von mir geradezu töricht fahrlässig, nachts nur durch eine abgeschlossene Tür von allen möglichen Verbrechern der Dunkelheit getrennt zu sein.
Ein Hund wäre so schön gewesen - ein treuer Begleiter, der mich verteidigen würde, der bellt, wenn sich jemand dem Haus nährt und vor meinem Bett schläft.
Und obwohl der beste Ehemann von allen eigentlich nicht noch mehr Haustiere haben wollte (damals hatten wir noch nichtmal Hühner, so ändern sich die Maßstäbe ;)), willigte er um unser aller Seelenheil willen ein und wir gingen ins Tierheim, um uns nach dem perfekten kinder- und katzenlieben, Einbrecher-beißenden, gefährlich aussehenden, nicht zu aktivem Hund umzusehen.


Schwarzer Hund passt gut zu schwarzem Mantel.



Unsere erste Wahl fiel auf Flora.
Genau genommen erfüllte Flora nur eins der oben stehenden Kriterien: sie war nicht aktiv.
Flora war ein 9jähriger, magerer und fast völlig kahler Dobermann, der dem Tierheim von einer anderen Tierschutzorganisation gegeben worden war. Die andere Organisation hatte Geld dafür bezahlt, dass das Tierheim Flora nimmt.
Sie war sehr groß, sehr dünn, sehr alt und sehr zerbrechlich. Ich hätte sie gerne genommen, allerdings fanden sowohl wir als auch die Tierheimmitarbeiter, dass Paul ein bisschen zu viel Aufregung für sie sein könnte.

Als nächstes sahen wir Luca. Luca war schwarz, alt, und hatte eine kahle Schwanzspitze, weil er jedes Mal voller Hoffnung mit seinem Schwanz wedelte, wenn Besucher an seinem Zwinger vorbei liefen.
Luca war kinder- und katzenerprobt und für sein Alter sehr fit und gesund.
Zwei Tage später fuhren wir mit Luca nach Hause - und tauschten seinen Namen gegen Maxwell ein.

Zwei Männer, die sich verstehen!
Wenn wir etwas machen, dann ja so richtig (zum Beispiel unser langweiliges Leben mit einem Kind erfrischen, den Wohnort wechseln und Geburtstag feiern), und so legten wir uns ein Buch zur Hunde(körper)sprache zu, kauften Geschirr statt Halsband und eine nicht dehnbare statt einer Rückziehleine (man merkt den Hang zur alternativen Erziehung auch beim Hund) und haben mittlerweile den best erzogenen Hund in der Nachbarschaft. War ganz einfach! Wer Kleindkind kann, schafft großen Hund locker.

Ich und auch Paul sind mittlerweile begeisterte Spaziergänger, heute waren wir schon über 2 Stunden unterwegs. (Ob das eine Alterserscheinung ist oder am Hund liegt? Vor 2 Jahren noch wäre ich nicht Sonntag um 8 Uhr aufgestanden, weil die Luft dann so schön frisch ist...)

Sonntagmorgenspaziergang.


-Der nächste Eintrag dann wohl aus Ilmenau-
Liebe Grüße!

Sonntag, 9. Dezember 2012

Die lieben Nachbarn

So realitätsfern manche Stereotypen des Durchschnittsamerikaners auch sein mögen (doch, sie können kochen; ja, sie machen Sport; nein, nicht alle fahren Jeeps), einige erfüllt er doch.
Darunter: Das ausgiebige Nachbarschaftsleben.

In Ilmenau kannten wir von den 9 anderen Parteien, mit denen wir uns das Haus teilten, ca. die Hälfte mit Namen. Diese hatten wir meist bei eher unfreudigen Ereignissen erfahren (Treppensturz des alten Herren nebenan, Schelte von der Hauswärtin, weil wir den Briefkasten zu selten leerten usw.).
Vor diesem Hintergrund hätten wir uns schon gefreut, wenn es hier weder den Bedarf an Krankenwagen noch Mahnungen bzgl. der Post gibt (die gab es jedoch tatsächlich, und zwar vom Briefträger persönlich, aber das ist eine andere Geschichte) und wir ansonsten in Ruhe gelassen werden.
Da hatten wir aber unsere neighborhood unterschätzt!

Schon vor unserem Einzug, als ich mit Paul an einem Nachmittag im Garten werkelte, kam unser Nachbar vorbei und stellte sich vor. Er fügte hinzu, dass er nun aufhören würde, sein Auto in unserer Einfahrt zu parken, wenn wir den Stellplatz brauchen. Da sie zwei Autos haben, hatten sie bis jetzt eines auf ihrem und eines auf unserem Grundstück geparkt.
(Logisch.)

Einige Zeit später, wir wohnten schon im Haus, sah ich den lieben Nachbarn an unseren Mülltonnen werkeln.
(Was macht man in so einem Moment? Ist das Teil der amerikanischen Nachbarschaftskultur? Ja, denn...)
Seine waren schon voll gewesen, daher hatte er kurz in unseren nachgeschaut, und es war noch Platz. So hat er fix seinen Müll bei uns mit reingesteckt, okay?
(Natürlich.)

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen tauchten mit einem Mal viele Wahlschilder in den Gärten auf. Auch wenn wir nicht wählen dürfen, ohne hochkant aus dem Land geschmissen zu werden (in der Hinsicht war Australien deutlich kulanter! Die haben mir sogar eine schriftliche Einladung zur Wahl geschickt), wollten wir gerne ein Statement machen und die kleine blau-rote Flagge mit dem O aufstellen.
Nur, wo herbekommen?

Ich lief zu einem anderen Nachbarhaus, das in seinem Garten eine Demokratenwerbung hatte. Die Bewohner hatten nicht nur ein Schild für mich übrig, sondern luden Paul und mich vor lauter politischer Nachbarschaft-Loyalität gleich noch auf eine Hausführung, Popcorn und Kürbissuppe ein.
(Am Wahltag verschwanden mysteriöser Weise alle Obama-Schilder in der Straße - nun ja, das hat der Gegenseite auch nichts genutzt.)

Sehr, sehr wichtig sind die regelmäßigen Nachbarschaftstreffen.
Vor einiger Zeit fand das jährliche Sicherheitsmeeting statt. Was in anderen Gegenden seine Berechtigung hat, war für unsere eher lächerlich: die einzigen kriminellen Beanstandungen waren eine eingeschlagene Autoscheibe und Raser.
Um den fehlenden Nervenkitzel auszugleichen, war eine Polizeibeamtin zur Beratung gekommen (sie sagte, man lebt schon in einer guten Nachbarschaft, wenn es keine Drogenprobleme gibt) und ein Feuerwehrmann samt Löschauto.
Damit niemand den Spaß verpasste, wurden wir mit freundlichem Nachdruck von Zuhause abgeholt "Oh, hattet ihr nicht mitbekommen, dass das Treffen losgeht? Kommt schnell!" Widerstand zwecklos.
(Gegen die Raser wurde der Beschluss verabschiedet, dass - auf freiwilliger Basis - jeder ein "Slow down Albuquerque"-Schild [in etwa "Mach langsamer, Albuquerque"] in seinen Vorgarten stellt. Das war aber selbst für Hardcore-Nachbarn zuviel des Guten, weshalb die Streberschilder bis jetzt nur in 2 ausgewählten Gärten zu sehen sind.)


Aber wir wären ja nicht die Ausländer, wenn wir nicht wenigstens ab und zu ein Fettnäpfchen mitnehmen. In folgendem Fall war es leider eher ein Fettsee.

Rechts von unserem Haus lebt das vorbildlichste Ehepaar der amerikanischen Vorstadtgeschichte. Er Steuerberater, Sie Langzeithausfrau mit großem Hang zum Perfektionismus. Ihr Garten sieht aus wie das Vorzeigeprojekt eines Landschaftsgestalters, ihr Haus ist jederzeit absolut aufgeräumt bis zur letzten, nur scheinbar wie zufällig (tatsächlich mit Hingab ausgerichteten) herumliegenden Zeitung.
Als ich die Frau des Hauses einmal voller Bewunderung ansprach, entgegnete sie lachend, sie sei schon viel weniger pingelig - früher wäre sie Besuchern mit Lappen hinterhergelaufen, um Fingerabdrücke zu beseitigen...

Nun waren Paul und ich eingeladen, um den Nachmittag mit der Nachbarin und ihren beiden Enkelinnen zu verbringen (die ich im Übrigen noch nie nackig oder dreckig erlebt habe - ist das genetisch?)
Wie immer habe ich mir größte Mühe gegeben, ohne Fußabdrücke zu hinterlassen über die dicken Teppiche zu wandeln, nichts anzufassen, nicht zuviel von der gerade dezent genug bedufteten Luft einzuatmen und überhaupt möglichst keine Spuren meiner physikalischen Existenz in ihrem Haus zu verbreiten- als sie mir ein Glas mit Wasser und Eiswürfeln brachte.
Ich ging damit nach draußen und das Unheil nahm seinen Lauf: Paul kippe mein Glas um.
Immerhin auf den Rasen, aber dennoch: Um ein neues Getränk zu bitten kam mir angesichts der mich umgebenden Perfektion so stümperhaft vor, dass ich, so gut es ging, einen Teil der dreckigen Eiswürfel wieder einsammelte und den Rest verstecken wollte - doch wo? Im hinteren Teil des Gartens lag eine kleine Kindergießkanne aus Plastik. Das perfekte Versteck.
Dann rutschte Paul aus, verletzte sich blutig am Knie und ich war lange genug abgelenkt, um der Nachbarin Zeit zu geben, mein Glas mit den dreckigen Eiswürfeln zu finden. Sie trug es ohne Kommentar weg und brachte mir ein neues mit einem leicht irritierten Lächeln und den Worten "Hier hast du ein frisches."

Und dann - dann sagte ihre Enkeltochter "Oma, bring mir die Gießkanne!"
Der Boden tue sich bitte unter mir auf. Oma geht durch den Garten, hebt die Gießkanne hoch und sieht, was unser Nachbarschaftsverhältnis nun einschlafen lassen wird: Die Deutsche hat, am Ende des Gartens, unter der Plastikgießkanne der Kinder, Eiswürfel versteckt.
Der darauf folgende, an mich gerichtete Blick ist mit Worten nicht beschreibbar.

Ich wünsche euch ein allzeit reges Nachbarschaftsleben!
Liebe Grüße,

Samstag, 1. Dezember 2012

Es weihnachtet sehr!

Den 1. Dezember hatten wir heute, das wäre schon ohne Kind ein Grund zur Besinnlichkeit; mit eigener Familie aber bedeutet es: Hardcore-Vorweihnachtsstimmung!

Bestandsaufnahme der Plätzchenformen.

Und das leckere Ergebnis.

Weihnachtskrippe.

Weihnachtslieblingsmusik :)

Wir sind die einzigen, die sich in ihrem Weihnachtsfeeling  noch etwas von den (nach ilmnauer Maßstäben) frühsommerlichen Temperaturen und den herbstlichen Bäumen beeinflussen lassen - die Einheimischen betreiben die Adventszeit mit der schon von Halloween bekannten Inbrunst.


Weihnachtsstimmung draußen: mittelmäßig...

...bis nicht vorhanden.
Und ein Steffi-Bild für Coco!

Jedes Haus unserer Straße ist mit vielen Metern Lichterketten dekoriert, in den Vorgärten stehen leuchtende Weihnachtsmänner und Rentiere, und, für uns am erstaunlichsten: den Weihnachtsbaum stellt die amerikanische Familie schon am Wochenende nach Thanksgiving, also Ende November, auf. Das war uns dann doch etwas zu weihnachtlich, und diesen Brauch werden wir bis auf weiteres nicht übernehmen ;-)

Zwei Adventskalender-Karten von meinen beiden liebsten Briefeschreiberinnen!

Die trottsche Weihnachtspost - diesmal auch noch an die, die uns nicht schreiben - das probieren wir nächstes Jahr nochmal, gell?

Heute Abend hatten uns unsere Nachbarn eingeladen, um mit ihnen zur Weihnachtsparade der Stadt zu kommen.
Eine Straße in der Stadtmitte (gewisser Maßen die Hauptstraße des Yuppie-Szene-Viertels) war abgesperrt, und als es dunkel wurde, zogen Schulen, städtischen Einrichtungen, Vereine auf verschiedensten Fahrzeugen und allerlei lustiges Volk umher - alles unter dem Motto: Hauptsache weihnachtlich!

Jesus-Umzugswagen
(die Bilder sind leider alle etwas verschwommen, aber zu lustig, um sie nicht zu zeigen).

Umzugswagen-Umzugswagen.

Künstlicher-Wasserfall-Geschäft-Umzugswagen.

Weihnachtliche Minipferde <3

Abfall-Weihnachtswagen.

Und zum Abschluss ein Lustigauto (das ist ein sehr alter Familieninsiderwitz).

Einen schönen ersten Advent und
Liebe Grüße!