Samstag, 15. Februar 2014

Alles Gute zum ersten Geburtstag

In diesem Blog wird ein Aspekt meines Lebens gnadenlos unterrepraesentiert: unser Huendchen.

Abgesehen von ein paar Gastauftritten in diversen Bildern habe ich mir bis jetzt verkniffen, mich ausgiebig ueber ihn auszulassen - soweit ich weiss, hat nicht einer meiner Blogleser selbst einen Hund und so beschraenke ich mich ja meinstens auf wirklich interessante Themen wie Wetter, Kind und Urlaub.

Heute aber nicht.

1 Jahr ist er heute alt, Fusion. Oder auch Puppy, Fuse, Fuse-Babe, Nervensaege oder, wie Paul ihn gerne nennt Fusy-Baby.

Am ersten Tag bei uns, noch ein Baby!


Als er im Sommer zu uns kam, hatte ich grosse Plaene fuer ihn. Endlich ein Hund, der Lust hatte, mit mir bis ans Ende der Welt (Wueste) zu wandern, hunderte Tricks zu lernen, Sport zu machen, an meiner Seite klebt und immer aufgelegt ist fuer alles, was ich mir ausdenken kann (diese Beschreibung trifft naemlich eher nicht auf Max zu).
Und wenn ich schon mal was anfange, dann ja richtig, und so suchte ich einen Welpen der intelligentesten und hyperaktivsten Rasse ueberhaupt aus: einen Border Collie.
(Wir hatten ja immer Langeweile...)



Christian findet uebrigens, das war die perfekte Wahl. Ihm zufolge bin ich ein Border Collie in Menschenform. Oder der Hund ist ich in einem (furchtbar niedlichen!) Hundekoerper.
Wie dem auch sei, vom ersten Moment an war ich in ihn genauso verliebt wie in meine beiden Maenner.
Hach! Das weiche Fell, die grossen Augen, und die unglaubliche Bereitschaft, alles zu tun, was ich sage.

Mittlerweile kann er an die 50 Kommandos, wir machen Agility (eine Hundesportart), und stimmen (endlich) darueber ueberein, dass Enten und Kraniche nicht dafuer existieren, von ihm gejagdt zu werden.



Neben dem Ernst und Arbeitseifer, den er an den Tag legt, ist er gleichzeitig voellig immun gegen den Gedanken, dass es auch nur einen Menschen auf der Welt geben koennte, der ihn nicht von Herzen liebt. Mit einer "Na komm, du willst es doch auch"-Einstellung knutsch er gnadenlos alle zu Boden, von Livia ueber meine Mama bis hin zu voellig fremden Menschen, die ihm hallo sagen.

(Dieses grenzenlose Selbstbewusstsein hat ihm schon zwei Mal einen Platz in einem Photoshooting, an dem wir vorbei spaziert sind, beschwert)

Er bringt uns seine schlammigen Baelle ins Bett, springt mir spontan auf den Schoss, wenn ich studiere, und kann rueckwaerts die Treppe hoch laufen. Er sortiert seine Spielzeuge selber ein, klettert in Koffer und schafft es einfach nicht, genug Selbstkontrolle aufzubringen, um den unbekannten Pizzalieferanten nicht abzuschlecken.

Eine abschreckende Mischung aus Intelligenz und Distanzlosigkei?
Fuer mich der perfekteste, lustigste und niedlichste Hund der Welt.



Nachdem ich letztens einen wunderbaren (englischen) Artikel zum Thema Erwachsensein gelesen habe, kann ich sagen:
Wenn erwachsen sein heisst, dass ich nicht drueber lachen kann, dass mir mein schlammiger Hund euphorisch ins Gesicht springt, weil er gerade den Stock seiner Traeume gefunden hat, dann will ich nicht erwachsen sein.



So ist das mit der (Hunde-)Liebe!


Viele Gruesse!

Sonntag, 9. Februar 2014

Anders ist es anderswo

Dieser Blogeintrag hat sich so langsam in meinem Kopf geformt, waehrend unser Deutschlandurlaub naeher rueckt. Was ich wohl drauf antworten wuerde, wenn du bekannten Fragen kaemen "Was ist denn nun anders? Wie ist es anders? Was ist besser, was ist schlechter?" (Vielleicht haben wir diese Fragen in den letzten 1,5 Jahren auch erschoepfend beantwortet, dann koennt ihr den Tab mit unserem Blog wieder schliessen und andere interessante Dinge im Internet lesen gehen).

Was ist anders?
Natuerlich ist es heiss und sonnig, alle moegen Chilli und feiern ihren Nationalfeiertag wie Weihnachten.
Aber auf einer tieferen, allgemeineren Ebene?
Nachdem ich lange darueber nachgedacht habe, wie man die Antwort auf diese Frage kurz und buendig formulieren kann (Mathestudentenangewohnheit), glaube ich, eine Moeglichkeit gefunden zu haben:
Es gibt keinen strengen, anstrebenswerten Verhaltensmittelwert.

In Deutschland ist dieser Verhaltensmittelwert sehr deutlich umrissen.
Es gibt nicht viel Interpretationsspielraum von "Wir treffen uns um 16 Uhr".
Es gibt nicht nur gleichwertige Varianten, seinen Garten zu pflegen (eine wuchernde Wiese ist weniger anstrebenswert als ein englischer Rasen).
Den meisten Menschen ist Vegetarismus und Veganismus aeusserst suspekt.

Die vielen hunderten Regeln, nach denen wir in Deutschland taeglich lebten, fielen mir erst auf, nachdem es sie hier nicht gab.
Es gibt keinen Rasenprototyp.
Zu spaet kommen ist ok.
Kein Fleisch essen gehoert noch zu den weniger ausgefallenen Ernaehrungsgewohnheiten.

Das Wegfallen dieser Verhaltensmassstaebe fand ich zuerst sehr befreiend. In unserem Wohnblock in Deutschland gab es eine alte Dame, die uns tadelte, wenn wir unseren Briefkasten nicht taeglich leerten.
Unsere Nachbarn hier koennten sich nicht weniger um unseren Briefkasten scheren. Oder um den Teppich, den ich gewaschen habe und der dann 2 Wochen lang im Vorgarten aufgebahrt war, weil es so lange dauerte, bis er durchgetrocknet war. Oder um unsere dreckigen Autos, oder um laute Musik, oder die vielen Haustiere, meinen Hundesportparcour im Garten, die ausgerissenen Huehner, die in ihrer Einfahrt sassen. Oder darum, dass die Nachbarn gegenueber ein halbes Jahr brauchten, um einen riesigen Busch in ihrem Garten zu entfernen, dessen abgeschnittene, aber nicht abtransportierte Aeste dann ein gutes Drittel unserer Strasse versperrten.
Es ist einfach EGAL.

Juchu, dachte ich, das passte zu meinem jungen, dynamischen Weltbild. Niemand kuemmert sich, alle lassen mich in Ruhe machen, und ob andere Regeln befolgen, ist gleichermassen nicht mein Problem.

Nach dem ersten halben Jahr hatte ich dann einen ziemlichen Einbruch. Meine Mama war zu der Zeit gerade da (Oktober 2012) und troestete mich damit, dass es in Australien genauso gewesen sei: zuerst himmelhoch jauchzend, dann zu Tode betruebt, und am Ende hat man eine optimistische und reflektierte Meinung.
Warum befolgen die keine Regeln? Es machte mich wahnsinnig. Warum ruft mich eine Freundin nicht an, wenn sie sagt, sie wuerde das machen? Warum verlaesst der Gaertner den halbaufgeraeumten Garten mit den Worten "Ich habe jetzt genug Geld verdient und will nicht mehr arbeiten?" alle doof, alle machten alles falsch, und vor unserem Weihnachtsurlaub 2012 war ich sicher, ich koenne in diesem Land nicht leben. Scheiss auf andere Kulturen, ich wollte zurueck in mein regnerisches Ilmenau mit den Spiessernachbarn.

Aber meine Mama hatte Recht, und seit einem dreiviertel Jahr geht es mir richtig gut mit der Andersartigkeit.

Viele Aspekte sind richtig schoen, zum Beispiel, dass Pauls Schule einfach alle Kinder in einen Kleinbus laedt und eine Erkundungstour macht. Oder dass ich mich nicht zum Affen machen muss beim erfolglosen Versuch, die Huehner im Garten der Nachbarn einzufangen ("Ist schon ok! Die stoeren uns nicht!"). Oder dass ich von allen Seiten richtig viel Zuspruch bekomme, meine genaehten Kleidungsstuecke zu verkaufen oder Hundetrainingsstunden zu geben. Es gibt keinen, der sagt "Nein nein, erst das Studium durchziehen! Lass dich nicht ablenken!" Es ist einfach in Ordnung, verschiedene Sachen nebenbei auszuprobieren. Das ist richtig klasse.

Andere Aspekte waren uns doch so suspekt, dass wir unsere eigenen Wege gefunden haben, sie so deutsch wie moeglich zu gestalten. Unser Gaertner kommt nun jede Woche zur selben Uhrzeit und arbeitet, bis alles fertig ist. Wenn er mehr als 15 Minuten zu spaet kommt, ruft er mich an.
Das erfreut mein deutsches Herz (da ich in Deutschland nie einen Garten hatte, nehme ich an, es liegt in den Genen).

 Und in die dritte Gruppe fallen die, die wir mit einem lachenden Auge betrachten. Vermutlich werde ich nie im Schlafanzug in die Kaufhalle fahren oder Besucher empfangen. Ich werde mich auch nie der gerade sehr beliebten Steinzeitdiaet, die aus viel Fleisch und Getreideverbot besteht, anschliessen.

Es ist nicht besser, es ist nicht schlechter, es ist einfach anders.

Liebe Gruesse!

Montag, 3. Februar 2014

Eimereien.

Etwa vor einem dreiviertel Jahr began Paul, jeden Spielbesuch sofort in unser 
Schlafzimmer zu führen, um dort zu "kochen".
Genau bedeutete das, dass er und sein Date eine wilde Mischung aus Flüssigkeiten
und Spielzeugen in einem gerade greifbaren Behälter mixten. 
Kinderküchenabwaschbecken, Hundewasserschalen, echtes Geschirr, nichts war 
vor ihnen sicher.
Wenn ich Glück hatte, handelte es sich bei besagten Flüssigkeiten nur um Wasser. 
Bei großem Pech um eingeweichtes Popcorn oder Erdbeeren. Mittelgut waren Duschbad 
und Säfte.
 
Da schöne Dinge am meisten Spaß machen, wenn man sie oft tut, holte Paul vor 
einer Weile einen großen Eimer aus der Garage und stellte ihn neben der Badewanne 
auf, um darin eine ständige Kochung zu verantalten, auch ohne Besucher. Es hatte 
etwas vom Olympischen Feuer, also ohne Feuer und mit Ekel: ein immerwährender, 
niemals versiegender Siffeimer.
 
Ich beobachtete Paul, wie er Wasser, Bodenwischmittel und Kinderzahnpasta in den 
Eimer kippte. 
Da viele Informationen auch zu viele Informationen bedeuten kann, schaute ich 
lieber schnell weg.
Ein vorsichtiger Blick später zeigte eine trübe Suppe, in der Legosteinchen und 
Küchenpapier schwammen. Es duftete dezent nach dem Vanille-Billigshampoo, mit dem 
wir die Hunde waschen.
 
Nun darf Der Eimer natürlich nicht schnöde weggestellt werden.
Jeder derartige Versuch wurde uns von Paul sofort mit ohrenbetäubenden Geschrei 
verleidet, und da wir milde, friedliebende Eltern sind, gaben wir auf.
So steht er nun da, neben der Badewanne; es scheint einem Außenstehenden wohl, 
als würden wir mit ewiger Magen-Darm-Grippe stets darauf vorbereitet sein wollen, 
spontan reinzukotzen. 
 
 
 
 
 
Gestern badeten Paul und ich zusammen. Als Multitaskingmutter wusch ich nicht nur 
mich, Kind und Wanne, sondern ließ zur gleichen Zeit eine Anti-Stress-Maske 
einwirken. 
Paul bot an, mir beim Abwaschen zu helfen, ja gerne doch. Ich schloss genußvoll 
die Augen, hörte ihn von herumhantieren und spührte dann etwas Weiches, Kaltes 
im Gesicht. Moment, wieso kalt? Das Wasser in der Wanne (also, eigentlich ist 
das ja ein Whirlpool, aber da die ganze Geschichte eher un-edel ist, habe ich 
ihn auf Wanne ge-downgraded) war sehr warm? Und was ist das Weiche?
Stolz präsentierte Paul meinen schreckgeweiteten Augen, was gerade meine ehemals 
zarte Haut gewaschen hatte. Der Inhalt des Eimers.
 
--An dieser Stelle muss ich meinen höchsten Respekt für die Küchenrolle Bounty 
aussprechen. Obwohl Bounty ungezählte Tage im Eimer verbrachte, hatte es sich 
nicht zu einem Teil der Masse zersetzt, sondern war reißfest, formstabil und 
saugfähig genug, um als Gesichtstuch verwendet zu werden. 
Bounty for the win.--
 
Nun wünschte ich mir doch, ich hätte hingesehen und wüsste, was im Eimer 
gewesen war. Entkalker? Kloputzmittel? Rohrreiniger? Das unverwüstliche Bounty 
roch nach Billig-Vanille. Ein aggressives Putzmittel würde man hoffentlich 
riechen? Ist das so wie mit Erdgas, dass giftigen Putzmitteln Gerüche zugesetzt
werden zur besseren Unterscheidung? Falls das Kind mal alle zusammen in einen 
Eimer kippt und man sich durch eine Reihe von Zufällen mit dem Endprodukt im 
Gesicht wiederfindet?
 
Nun, die Haut ist noch dran. Der Eimer steht noch.
Und heute Abend hörte ich Paul auf der Toilette Christian erklären 
"Nein, das Papier muss in den Eimer! Ich brauche das Papier noch für meinen 
Eimer! Das Klopapier muss in den Eimer!"
 
Ööööörks.
Und an alle, deren Kinder nicht zwischen 3 und 5 sind, meinen herzlichen 
Glückwunsch, ihr habt ja keine Ahnung, was wirklich eklig ist.
 
Liebe Grüße!