Montag, 13. August 2012

Kleiner großer Paul



Das Geburtstagswochenende liegt hinter uns, und unser Kind ist vor Stolz bestimmt 5cm gewachsen. Vor 3 Jahren um diese Zeit hat mich gerade Sabine besucht und unser knautschiges Baby zum ersten Mal gesehen. Und jetzt steht ein kleiner Wirbelwind vor mit am neuen Zugspieltisch und stellt eine Helikopterlandung nach.
An dieser Stelle möchte ich gerne mal erwähnen, dass ich noch nie dachte "Wieso vergeht die Zeit mit Kindern so schnell?" Denn seit Paul in unserer Familie ist, hatten wir mehr Aktion als in den Jahrzehnten davor ;-)
Daher meine Empfehlung an alle, die finden, ihr Leben ziehe nur so vorbei: Schafft euch ein aufgewecktes Kind an.


Am Samstag standen Paul und ich früh auf, um im Garten zu spielen und Christian ausschlafen zu lassen. Daraus wurde leider nichts, denn ein sehr großer Ast eines Baumes war über Nacht halb abgebrochen und auf zwei Kabel gefallen, die zwischen unserem und dem Nachbarhaus verlaufen.
Unser Vermieter schlug, ganz amerikanischer Heimwerker, vor, den Ast selbst abzusägen, aber angesichts des Ausmaßes Selbigens mussten wir die Energiebehörde anrufen.



Nach 2 Stunden kamen dann zwei richtig nette Männer, die feststellten, dass es sich bei den Kabeln leider nicht um Strom-, sondern Fernseh- und Telefonkabel handelt. Leider deshalb, weil die Entfernung des Astes somit nicht in ihren Aufgabenbereich fiel und wir (bzw. der Hausbesitzer) einen Baumbeschneidungsservice privat hätten bezahlen müssen.
Sie fuhren wieder ab, kamen mit einer Kettensäge zurück und verkündeten, dass sie den Ast dennoch für uns entfernen würden. Fast ganz ohne Schutzbekleidung, denn ein Einsatz war ja nicht vorgesehen, haben sie ihn dann zersägt und hinterher noch mit uns Pizza gegessen.
Das war nicht das erste Mal, dass wir so viel Hilfsbereitschaft erfahren haben, und es ist immer wieder schön zu erleben, wie freundlich unsere Mitmenschen hier sind.






Am Sonntag Morgen hat Paul dann voller Faszination seine Geschenke bestaunt und den Zugtisch ausgiebig gespielt.
Es gibt hier in vielen Buchläden, anderen Geschäften und im Kindermuseum ca. 1,5qm große Tische, auf denen eine Holzzuglandschaft aufgebaut ist. Tief genug, damit Kleinkinder bequem spielen können und hoch genug, um nicht Eins zu werden mit dem Chaos des Spielzimmerbodens. Und nachdem Paul nun gerne in Buchläden geht, um dort teilweise stundenlang in der Kinderecke zu spielen, haben wir so einen Tisch angeschafft.

Für den Nachmittag war der Kindergeburtstag geplant. Um 15 Uhr sollte es losgehen und tatsächlich standen hier innerhalb von 10 Minuten 25 Leute rum, soviel Pünktlichkeit gibt es ja nicht mal in Deutschland!
Paul wurde sehr reich beschenkt, und dann zog die Meute in den Garten, um dort allerhand Sachen in den Teich zu werfen (Wasserbomben, Luftballons, ein altes Hufeisen, Bälle, Spielzeug und Dreck...), im Pool zu baden und schließlich eine Schatzsuche zu machen.
In der hinteren Hälfte unseres Gartens unterhalten wir ein lokal nachempfundes Ökosystem (d.h. wir kümmern uns nicht drum), mit viel Sand und mittlerweile über 2 Meter hohen Wüstengewächsen. In denen hatten wir Mitgebsel und Luftballons versteckt und dann gingen die Kinder auf die Pirsch.




Gegen Abend verschwanden die meisten, aber Greg hatte noch eine besondere Überraschung für Paul geplant: Auf einem Feld in unserer Nähe sollten (illegaler Weise) noch ein paar Raketen gestartet werden. So viel Widerrechtliche Starts konnten wir aber gar nicht durchführen, denn bald begann es aus Strömen zu regnen (wenn es hier regnet, dann aber richtig) und so saßen wir in Gregs Kleintransporter und aßen Pizza zum Abendbrot.

Zurück zu Hause konnten wir wie immer herrlich im Regenwasser auf der Straße spielen:







Bis tief in die Nacht hinein spielte unser großes Kind dann noch am Zugtisch und ging nur ins Bett, nachdem wir ihm eindringlich versichert hatten, dass am nächsten Morgen weiter gespielt wird. Und tatsächlich verlangte er heute früh nach dem Aufstehen, in eine Decke eingewickelt zum Zugtisch getragen zu werden und mit Christian noch eine kleine Zugrunde vor der Arbeit einzulegen...



Heute haben wir schon 3 Mal Geburtstagspost aus Deutschland erhalten, der Rest trudelt bestimmt auch noch in dieser Woche ein.
Vielen Dank an alle Anrufer, Schreiber und sonstige Leute, die an uns gedacht haben :-)


Eingemilcht am 12. August 2009

Eingemilcht 3 Jahre spaeter.


Liebe Grüße!

Freitag, 10. August 2012

Geburtstagsvorfreude

Am Sonntag wird Paul 3 Jahre alt.
Und wie es sich für den Sohn einer begeisterten Geburtstagsfeiererin gehört, fragt er schon seit Wochen mehrmals täglich, ob es jetzt gleich soweit sei.



Paul und das Feuerwehrkleid. Eine tiefe Liebe, die mittlerweile auch in der Öffentlichkeit gelebt wird. Wir berichtigen andere Leute nicht mehr, wenn sie sagen "So ein hübsches Mädchen."


Ist einer von uns Erwachsenen schlecht gelaunt, nimmt Paul ihn in den Arm und sagt "Nicht traurig sein, dein Geburtstags bald auch kommt! Du kriegst Kuchen."


Am Mittwoch kam ein großes Päckchen an, und nun ist er überzeugt, dass der Geburtstag drinnen ist. Er fragte "Ist der Kuchen auch dabei?".

Frühstück im Kleid.

Jetzt räumen wir unseren Chaosgarten auf und das Spielzimmer und Paul philosophiert ausgiebig darüber, welchen Kuchen er haben mag.
Denn (wie die Mutter so der Sohn!) sein größter Wunsch ist es, einen aus dem Supermarkt zu bekommen. (Nein, da habe ich ihn nicht beeinflusst. Diese entzückende Vorstellung hat er ganz alleine entwickelt. Das freut mich natürlich umso mehr.)

Wusstet ihr, dass ein einziges Kinderkleidungsstück völlig ausreicht? Es muss nur das richtige sein. Wenn sein Kleid nass geworden ist, steckt Paul es selbstständig in den Trockner und wartet, bis er es wieder tragen kann.

An alle fleißigen Päckchenschicker: Noch ist bis auf zwei Briefe nichts aus Deutschland angekommen. Das schreibe ich nur, weil ich weiß, wie gespannt alle sind, ob ihre Päckchen rechtzeitig eintreffen. Sowohl Paul als auch wir freuen uns auch noch in einer Woche über Geburtstagspost, und unsere letzte Weihnachtserfahrung lehrte uns, dass das Geschenkeverteilen über mehrere Tage auch alle glücklich macht.

Letzte Woche hatten wir ein Tragetuchtreffen bei uns zu Hause. Eine Mutter fragte nach Pauls Namen und sagte dann "Wow, ich finde es total toll, dass alternative Eltern ihren Kindern die ausgefallensten Namen geben! Atlas, Emmaus, Paul, die sind echt außergewöhnlich"
Hätten wir ihn doch lieber Fokke nennen sollen.



Liebe Grüße!

Freitag, 3. August 2012

Die Wunderwelt der amerikanischen Kaufhallen oder: Wieso es nun wieder Paprika essen

Wir mögen Paprika.

Einen Tag nach unser Ankunft fuhren wir in einen großen Supermarkt. Genaugenommen nannte sich dieser selbst Megamarkt, was angesichts einer Einkaufsfläche, die so groß war wie alle Kaufhallen in Thüringen zusammen, und einer Produktpalette von Gartenmöbeln über Computerspiele bis hin zu Nahrungsmitteln auch angemessen war.
Wir machten uns auf den Weg durch Pharmazieabteilung, Spielzeugregale und Küchenmöbel, und fanden an der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes auf ungefähr einem Drittel der Gesamtfläche ein umfassendes Nahrungsangebot.
Es gab ein Dutzend verschiedene süße Buttervarianten (Butter mit Zimtgeschmack, Butter mit Honig, Butter mit Ahornsirup und, ein Klassiker, extra aufgeschlagene Superfettbutter), mit Wasser anzurührende Backmischungen, 1kg schwere Riesenpizzen, bunte Getränke und viel billiges Fleisch.
Als wir aber vor unserem eigentlichen Objekt der Begierde, der Paprikaauslage in der verblüffend kleinen Obst- und Gemüseabteilung standen, schwand unsere Begeisterung - denn die Paprika kostete 1,50€. Pro Stück.

Bis dahin war Paprika unser aller Lieblingsgemüse gewesen, nun war es also eine seltene Delikatesse.
Schweren Herzens entschieden wir uns für Blumenkohl und fanden uns damit ab, dass wir ab nun keine Paprikagelage mehr haben würden. Sich nie wieder an Paprika satt essen können, nie mehr um Mitternacht in der Küche stehen und kalt gewordene Paprikareste genießen, nie mehr die Diskussion darüber führen, ob rote oder rot-gelbe Paprika besser schmeckt.
Ein kulinarischer Lebensabschnitt ging für uns zu Ende.

Ein paar Wochen später erzählte ich einer Freundin aus Albuquerque von unserem Paprika-Trauma.
Nachdem sie mich ein paar Sekunden lang angesehen hatte, als hätte ich etwas zuviel Paprika im Hirn, schlug sie vor, eine andere Kaufhalle zu wählen. Die, welche wir bei unserem ersten Versuch ausprobiert hatten, spezialisiere sich auf Fertigprodukte und führe den Rest nur als Alibi.
Oh. Darauf hätten wir auch selbst kommen können. Der verwunderte Gesichtsausdruck, als wir einen Mitarbeiter nach Knoblauchbutter fragten und seine Antwort, er hätte noch nie von so etwas gehört, wären ein Hinweis gewesen.

Frohen Mutes marschierten wir in die nächste Supermarktkette (die übrigens von Aldi aufgekauft wurde). Das Ambiente war angenehm nicht-aldisch, das Essen erschwinglich (okay, immer noch nicht erschwinglich genug für Paprikaorgien, aber ein kleines Paprikagemüse ab und an war nun drin), die Mitarbeiter nett und das Klientel sah uns ähnlicher als in der ersten Kaufhalle.
Ich ging zum Gewürzregal, um Muskatnuss zu kaufen. Irgendwie gab es das Gewürzregal nicht. Also, da gab es Pfeffer, Salz und zwei exotische getrocknete Kräuter, und dann hörte es auf.
Ein Angestellter sagte mir, dass Musknatnuss gerade keine Saison habe.
Aha.
Wikipedia lehrte uns dann, dass die Aldibrüder eine alte amerikanische Kette aufgekauft hatten, die gesundes, häufig sogar ökoligisch hergestelltes Essen zu günstigen Preisen verkaufte - allerdings nur, wenn es gerade billig auf dem Markt verfügbar war (und daher auch stets nur ca. ein Viertel der Menge an Produkten einer Durchschnittskaufhalle führte).
Da es diesen Supermarkt in Albuquerque nur 3 Mal gibt und alle 3 Standorte 20 Minuten von uns entfernt sind, war auch dieser noch nicht unser Traumsupermarkt - es ist sei denn, man fährt gänzlich unvoreingenommen los, um sich von den Marktpreisen inspirieren zu lassen und zu kaufen, was es eben gerade gibt.
(Wer allerdings Wein mag, wird diese Kaufhalle lieben. Mehr als ein Viertel der Fläche wird von einem übergroßen, immer Saison habenden Weinangebot eingenommen.
Wir entführen Coco, Heiko+Petra und andere Interessierte natürlich gerne dahin)

Nun wollen wir aber langsam zum Paprika-Happy-End kommen, oder?
Nach einer weiteren Odyssee durch das Kaufhallenangebot - vom Bioladen, der nur lokale Produkte anbietet (wer sich nun noch errinnern kann, in welcher Klimazone wir leben, weiß, dass sich dort nichtmal Paul an Paprika satt essen kann) über die Kaufhalle ums Eck, die schon ziemlich in Ordnung ist und Einkäufer nach der Mitgliedskarte fragt, aber auch jedem Nicht-Mitglied den Mitgliedsrabatt gibt, bis hin zum Biosupermarkt für Fleischesser - haben wir den Supermarkt unseres Herzens gefunden.

Sunflower Market (Sonnenblumenmarkt) heißt er und als ich ihn vor zwei Wochen (zufällig, weil Paul Durst hatte) zum ersten Mal betrat und vor einer riesigen Tonne roter Paprika stand, die 0.20€ das Stück kosteten, da ging mir mein geiziges deutsches Herz auf!
Genau das war die Kaufhalle, die wir gesucht hatten! Billiges Gemüse und Tofuwürstchen, Vollkornaufbackbrötchen und zuckerfreie Weizenpops.
Da der Bedarf dafür offensichtlich noch geringer ist als der der gewürzfrei lebenden Weintrinker, haben wir einen weiten Weg bis zum Supermarkt unseres Herzens - was regelmäßig zu Diskussionen mit Paul führt, denn er besteht darauf, in seinem Kinderwagen zum Einkaufen zu fahren - doch den nehmen wir auf uns, und haben uns erst diese Woche endlich wieder an Paprika satt gegessen.
Es gibt wenig Gefühle, die so gut sind wie ein gefüllter Paprikabauch.


Liebe Grüße!