Freitag, 3. August 2012

Die Wunderwelt der amerikanischen Kaufhallen oder: Wieso es nun wieder Paprika essen

Wir mögen Paprika.

Einen Tag nach unser Ankunft fuhren wir in einen großen Supermarkt. Genaugenommen nannte sich dieser selbst Megamarkt, was angesichts einer Einkaufsfläche, die so groß war wie alle Kaufhallen in Thüringen zusammen, und einer Produktpalette von Gartenmöbeln über Computerspiele bis hin zu Nahrungsmitteln auch angemessen war.
Wir machten uns auf den Weg durch Pharmazieabteilung, Spielzeugregale und Küchenmöbel, und fanden an der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes auf ungefähr einem Drittel der Gesamtfläche ein umfassendes Nahrungsangebot.
Es gab ein Dutzend verschiedene süße Buttervarianten (Butter mit Zimtgeschmack, Butter mit Honig, Butter mit Ahornsirup und, ein Klassiker, extra aufgeschlagene Superfettbutter), mit Wasser anzurührende Backmischungen, 1kg schwere Riesenpizzen, bunte Getränke und viel billiges Fleisch.
Als wir aber vor unserem eigentlichen Objekt der Begierde, der Paprikaauslage in der verblüffend kleinen Obst- und Gemüseabteilung standen, schwand unsere Begeisterung - denn die Paprika kostete 1,50€. Pro Stück.

Bis dahin war Paprika unser aller Lieblingsgemüse gewesen, nun war es also eine seltene Delikatesse.
Schweren Herzens entschieden wir uns für Blumenkohl und fanden uns damit ab, dass wir ab nun keine Paprikagelage mehr haben würden. Sich nie wieder an Paprika satt essen können, nie mehr um Mitternacht in der Küche stehen und kalt gewordene Paprikareste genießen, nie mehr die Diskussion darüber führen, ob rote oder rot-gelbe Paprika besser schmeckt.
Ein kulinarischer Lebensabschnitt ging für uns zu Ende.

Ein paar Wochen später erzählte ich einer Freundin aus Albuquerque von unserem Paprika-Trauma.
Nachdem sie mich ein paar Sekunden lang angesehen hatte, als hätte ich etwas zuviel Paprika im Hirn, schlug sie vor, eine andere Kaufhalle zu wählen. Die, welche wir bei unserem ersten Versuch ausprobiert hatten, spezialisiere sich auf Fertigprodukte und führe den Rest nur als Alibi.
Oh. Darauf hätten wir auch selbst kommen können. Der verwunderte Gesichtsausdruck, als wir einen Mitarbeiter nach Knoblauchbutter fragten und seine Antwort, er hätte noch nie von so etwas gehört, wären ein Hinweis gewesen.

Frohen Mutes marschierten wir in die nächste Supermarktkette (die übrigens von Aldi aufgekauft wurde). Das Ambiente war angenehm nicht-aldisch, das Essen erschwinglich (okay, immer noch nicht erschwinglich genug für Paprikaorgien, aber ein kleines Paprikagemüse ab und an war nun drin), die Mitarbeiter nett und das Klientel sah uns ähnlicher als in der ersten Kaufhalle.
Ich ging zum Gewürzregal, um Muskatnuss zu kaufen. Irgendwie gab es das Gewürzregal nicht. Also, da gab es Pfeffer, Salz und zwei exotische getrocknete Kräuter, und dann hörte es auf.
Ein Angestellter sagte mir, dass Musknatnuss gerade keine Saison habe.
Aha.
Wikipedia lehrte uns dann, dass die Aldibrüder eine alte amerikanische Kette aufgekauft hatten, die gesundes, häufig sogar ökoligisch hergestelltes Essen zu günstigen Preisen verkaufte - allerdings nur, wenn es gerade billig auf dem Markt verfügbar war (und daher auch stets nur ca. ein Viertel der Menge an Produkten einer Durchschnittskaufhalle führte).
Da es diesen Supermarkt in Albuquerque nur 3 Mal gibt und alle 3 Standorte 20 Minuten von uns entfernt sind, war auch dieser noch nicht unser Traumsupermarkt - es ist sei denn, man fährt gänzlich unvoreingenommen los, um sich von den Marktpreisen inspirieren zu lassen und zu kaufen, was es eben gerade gibt.
(Wer allerdings Wein mag, wird diese Kaufhalle lieben. Mehr als ein Viertel der Fläche wird von einem übergroßen, immer Saison habenden Weinangebot eingenommen.
Wir entführen Coco, Heiko+Petra und andere Interessierte natürlich gerne dahin)

Nun wollen wir aber langsam zum Paprika-Happy-End kommen, oder?
Nach einer weiteren Odyssee durch das Kaufhallenangebot - vom Bioladen, der nur lokale Produkte anbietet (wer sich nun noch errinnern kann, in welcher Klimazone wir leben, weiß, dass sich dort nichtmal Paul an Paprika satt essen kann) über die Kaufhalle ums Eck, die schon ziemlich in Ordnung ist und Einkäufer nach der Mitgliedskarte fragt, aber auch jedem Nicht-Mitglied den Mitgliedsrabatt gibt, bis hin zum Biosupermarkt für Fleischesser - haben wir den Supermarkt unseres Herzens gefunden.

Sunflower Market (Sonnenblumenmarkt) heißt er und als ich ihn vor zwei Wochen (zufällig, weil Paul Durst hatte) zum ersten Mal betrat und vor einer riesigen Tonne roter Paprika stand, die 0.20€ das Stück kosteten, da ging mir mein geiziges deutsches Herz auf!
Genau das war die Kaufhalle, die wir gesucht hatten! Billiges Gemüse und Tofuwürstchen, Vollkornaufbackbrötchen und zuckerfreie Weizenpops.
Da der Bedarf dafür offensichtlich noch geringer ist als der der gewürzfrei lebenden Weintrinker, haben wir einen weiten Weg bis zum Supermarkt unseres Herzens - was regelmäßig zu Diskussionen mit Paul führt, denn er besteht darauf, in seinem Kinderwagen zum Einkaufen zu fahren - doch den nehmen wir auf uns, und haben uns erst diese Woche endlich wieder an Paprika satt gegessen.
Es gibt wenig Gefühle, die so gut sind wie ein gefüllter Paprikabauch.


Liebe Grüße!

1 Kommentar:

  1. Paprika ist auch mein Gemüse! Ich mag Paprika mit Tomaten und Zwiebeln gedünstet zu Kartoffelbrei, Nudeln, Reis und überhaupt zu allem, warm und kalt.

    Omi Elisabeth (mit einer neuen Tasche kann sie noch mehr Paprika einkaufen als bisher)

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