Samstag, 24. Mai 2014

Pauls Ernst des Lebens

Wir bekommen viele Fragen zu Pauls Schule, und ich vertroeste im Allgemeinen alle damit, dass es morgen/bald/irgendwann einen Blogeintrag dazu gibt.
Nachdem ich heute schon einen ausnehmend produktiven Tag hatte, an dem ich einige Morgen/bald/irgendwann-Dinge erledigt habe (zum Beispiel unsere staubgeplagten Fenster geputzt), also der Schulbericht, und zwar am besten von Anfang an.

Paul war ja ein spaeter Kindergartengaenger. Nach einem gescheiterten Versuch noch in Ilmenau, und dann einem kurz nach unserer Ankunft in den USA, sah es nicht gerade rosig aus mit seiner Kindergartenzukunft. Sowohl Paul als auch ich hatten hohe Ansprueche, und da ich hier sowieso nicht arbeiten darf (die Steuererklaerung hat meinen Beruf schoen umschrieben mit dem Wort homemaker - "Zuhausemacher"), war es mir wichtig, die Zeit und Muehe zu investieren, die
es brauchen wuerde, damit Paul sich wohlfuehlt.

Mit der Nanny Anfang letzten Jahres hatten wir eine gute Uebergangsloesung, und als wir im April den insgesamt dritten Kindergarten besichtigten, sagte Paul sofort "Ja, da will ich hin!"
Der Kindergarten (bzw. hier (pre)school - (Vor-)Schule genannt) ist recht - unkonventionell. Nicht Steffi-unkonventionell, eher fuer-Deutsche-nicht-vorstellbar-unkonventionell.

Doch waehrend wir Eltern uns regelmaessig in Geduld und Vertrauen ueben koennen (zum Beispiel, wenn der Sonnenhut auf dem Schulausflug verloren geht, oder der Bus mit den Kindern auf dem Schulausflug verloren geht (mit Karte fahren ist ja langweilig), oder wenn die Erzieher beschliessen, fuer eine Weile ihre Hunde mit in die Schule zu bringen, oder wenn ich ein Kind wiederbekomme, dessen neu genaehte Kleidung mit lila Acrylfarbe bemalt ist), liebt Paul seine Schule ueber alles.
Diese Woche verkuendete er "Ich will nie gross werden, damit ich immer in meine Schule gehen kann!"

Und wenn das Kind vormittags 3h gluecklich aus dem Haus ist, werde ich mich nicht ueber Kleinigkeiten aufregen ;)

In der Schule gibt es etwa zwei Mal die Woche Aktivitaeten, die von Personen ausserhalb der Schule geleitet werden. Da diese recht haeufig wechseln, hat Paul schon Bauchtanz, Yoga, Zeichensprache, mexikanischen Tanz, Hip-Hop und Gymnastik ausprobiert.
Als die Zeichensprache-Lehrerin im Februar aufhoerte, sprach mich ein Erzieher an "Kennst du jemanden, der gut eine andere Sprache ausser Englisch spricht?" Im Scherz antwortete ich "Ich spreche ziemlich ausgezeichnet Deutsch."
Und so wurde ich Deutsch-Lehrer im Kindergarten.

Die Deutschstunden sind ein Langzeitexperiment. Es gibt mittlerweile eine German Core Group (Deutsch-Kern-Gruppe), bestehend aus Paul und zweien seiner Freunde, die jede Stunde mit Freude erwarten und motiviert mitmachen.
Die Nicht-Kern-Gruppe ist allerdings um ein Vielfaches groesser und besteht aus Kleinkindern in den unterschiedlichsten Rebellions-Phasen: Ich-spreche-mit-niemandem-ausser-meiner-Mama-Phase, Ich-trommle-immer-dann-laut-wenn-Steffi-anfaengt-zu-reden-Phase, Schaun-wir-mal-was-Steffi-so-in-ihrer-Handtasche-hat-Phase, Ich-male-immer-die-Moebel-an-wenn-niemand-hinschaut-Phase und natuerlich den Superrebellen: Ich-versuche-die-Kinder-die-gerade-Deutsch-lernen-wegzulocken-um-mit-mir-Bausteine-zu-spielen-Phase.
Mittendrin mein lieber Sohn, der zum Ueber-Streber mutiert und alle ermahnt, die den Deutschunterricht zu gefaehrden drohen (ein Vollzeitjob).

Als wir aus unserem Deutschlandurlaub wiederkamen, wurde uns mitgeteilt, dass die Schule vorruebergehend geschlossen hat, da es einen Streit mit der Kirche, deren Raeumlichkeiten sie mietete, gab. Obwohl ich die Geschichte nur von der Seite der Schule erzaehlt bekam, muss ich sagen, dass ich die Kirche verstehe. Genau genommen hat sie sich ausserordentlich christlich und geduldig verhalten.
Wie dem auch sei, vor 2 Wochen war es endlich so weit: Die Schule hatte Wiedereroeffnung, nur einen halben Kilometer entfernt vom alten Standpunkt. Obwohl die Grundflaeche deutlich kleiner ist, wurde wirklich gut eingerichtet und es fuehlt sich gemuetlich an. Paul hat sich sehr gefreut, wieder hingehen zu koennen (und seine Mutter auch).

Nun mache ich Schluss, und habe schon wieder genug Ideen fuer ein Dutzend weitere Blogeintraege. Dieses Wochenende wird naemlich unsere WG aufgeloest, und es gab einen schweren Hagelsturm (immer ist irgendwas...).


Im Auto - wartend auf das Ende des Hagelsturms.





Liebe Gruesse!



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